Sizilien

Nur wenige Chartercrews verirren sich an die Ostküste Siziliens. Das ist schade, denn so entgehen ihnen manch alte, mythenumwobene Stätte und ein Segelabenteuer ganz im Banne des «Berges der Berge».

Was macht der Skipper, wenn er absolut ratlos ist? Erst einmal abwarten, wie das Wetter nach dem Frühstück aussieht. Das jedenfalls gilt gerade jetzt für mich. Mehr Zeit bleibt mir nicht, denn abends müssen wir in Messina sein, sonst können wir unseren Törnplan nicht einhalten. Die sechzig Meilen ­dahin wären kein Problem. Sorgen bereiten mir nur die Wetterberichte, von denen der eine schlecht und der andere noch schlechter ist. Fragt sich nur, welcher von beiden stimmt… Schliesslich macht es einen Unterschied, ob Regen bei 15 Knoten Wind niederprasselt oder ob er mit 39 Knoten in die Segel gepeitscht wird. Nach dem Frühstück ist die Lage jedoch unverändert flau – noch. Also nichts wie raus aus der Marina Capo d’Orlando! Dabei müssen wir auf einen Felsen achten, der gleich hinter der Hafenausfahrt lauert; er wird wohl erst einen Marker erhalten, wenn die erste Yacht ihn gerammt hat. Langsam kommt Wind auf. Aus ESE – wie von beiden Wetterberichten versprochen. Wir rollen das Gross aus. Bevor die Genua folgen kann, schleifen wir schon die Leereling durchs Wasser. Wir reffen. Als der Windmesser erstmals 39 Knoten anzeigt, ist auch das zu viel. Mit ganz wenig Tuch machen wir, obwohl wir sehr hart an den Wind gehen müssen, noch gute Fahrt. Ich muss mich entscheiden und eine gute Lösung finden. Denn wenn wir ­tatsächlich nach Messina fahren, müssen wir ab Kap Milazzo gegen sieben – in Böen acht – Windstärken angehen. Wahrlich keine erfreulichen Aussichten! Und es stellt sich die Frage, was wir dann dort machen würden. In Messinas Marina einzulaufen, wäre bei diesen Bedingungen viel zu riskant. Am Kap Peloro können wir nicht ankern, weil es bei dieser Windrichtung dort für uns kein Lee gibt; auch östlich davon würden wir nur vor dem Wind, nicht aber vor dem Schwell Schutz finden. Schliesslich weiss ich eine Lösung: Sie heisst Cala Antonio. In dieser Bucht an der Westseite der Milazzo-Halbinsel verbringen wir eine friedliche Nacht vor Anker.