Über den Atlantik gerauscht

Im Herbst fanden gleich mehrere spannende Offshore-Regatten mit äusserst erfolgreicher Schweizer Beteiligung statt. Ein Bild, an das man sich wohl gewöhnen darf.

Was war das für ein Transatlantik-Herbst! Nicht nur die ­Freizeitseglerinnen und -segler nahmen mit der ARC (s. Seiten 44-49) ein grosses Projekt in Angriff. Auch die Profis und ­solche, die es gerne werden möchten, regattierten fleissig über den grossen Ozean. Mit glänzenden Resultaten für die Schweiz: An der Mini Transat, der Talentschmiede für die Stars von ­morgen, die von Les Sables d’Olonne nach La Palma und von dort weiter nach Guadeloupe führte, schaffte es Felix Oberle im Gesamtklassement der Serienboote hauchdünn nicht aufs Podest. Und an der Transat Jacques Vabre, die auch eine Art Standortbestimmung im Hinblick auf die Vendée Globe 2024 ist, segelte Justine Mettraux auf ihrer Imoca zusammen mit Co-Skipper Julien Villion lange um den Sieg. Mit einer ­mutigen Routenwahl – das Duo entschied sich für den nördlichen, ­direkteren, aber auch schwierigeren Weg – erreichten sie schliesslich den hervorragenden sechsten Rang.

Transat Jacques Vabre
Die Genferin holte sich mit diesem Erfolg ein weiteres Glanzresultat. «Hätte uns jemand beim Start den sechsten Rang ­angeboten, hätten wir natürlich nicht abgelehnt», so Justine Mettraux nach der Transat Jacques Vabre zu «marina.ch». Dass es nicht für den Sieg reichte, der dank ihrer Routenwahl zeitweise möglich schien, sei halt «Teil des Spiels» und gehöre zum Segeln dazu. Mit ein bisschen mehr Wetterglück hätte es durchaus reichen können. Aber auch so konnte Justine Mettraux nicht wenige Crews auf Imocas der neusten Generation hinter sich lassen und ein weiteres Ausrufezeichen setzen. Schon bei der Route du Rhum im letzten Jahr hatte sich die Schweizerin für eine etwas andere Route als die Konkurrenz entschieden – wenn auch weitaus konservativer als nun bei der Transat Jacques Vabre. Und auch damals verhalf ihr dieser Schritt zu einer Topplatzierung. Der Mut, eigenen Lösungen zu vertrauen und auch mal etwas zu riskieren, zeichnet sie aus. Dazu sagt sie: «Ich bin jedes Mal voll überzeugt von meiner Routenwahl.» Gerade an der Transat Jacques Vabre war die Situation für sie und Co-Skipper Villion sehr klar: Sie wussten, dass sie auf der südlichen Route beim kräftigen Passatwind mit den ­schnellsten Imocas nicht würden mithalten können – Mettraux erhält erst in den nächsten Monaten neue Foils. Deswegen entschieden sie sich für die holprige, kürzere Variante mit schlechterem Wetter. «Es hat sich trotz Strapazen ausgezahlt für uns», so die Schweizerin. Ob sie auch an der Vendée Globe im nächsten Jahr mit neuen Foils solch spannende Entscheidungen trifft, wird sich zeigen. «Bei einer Vendée Globe spielen immer noch ganz andere Dinge mit. Aber sicher geht es darum, eine gute Strategie zu finden und die Risiken abzuschätzen.»