Sea you soon

Eine Pazifiküberquerung ist ein Abenteuer der besonderen Art. Tom und Anisia Baumann erlebten unbeschreiblich schöne Momente, aber auch kritische Phasen auf dem Weg von Panama nach Französisch-Polynesien.

Ich sitze draussen im Cockpit, über mir leuchten und funkeln unzählige Sterne im Nachthimmel. Angetrieben durch einen schwachen Passatwind zieht das Genua-Segel unsere «Vagabond» über eine leicht bewegte See. Das Schifft rollt wie eine Wiege von steuerbord nach backbord und zurück. Obschon die Bord-Uhr bereits kurz nach Mitternacht anzeigt, sitze ich bloss mit meinen Tahiti-Shorts bekleidet an meinem Lieblingsplatz beim Niedergang. Jetzt erst beginnt die angenehmste Zeit des Tages, denn tagsüber ist es einfach nur heiss hier, drei Grad südlich des Äquators. Wir sind auf dem 97. westlichen Längengrad und haben noch ein schönes Stück vor uns bis zu den Marquesas in Polynesien. Vor 15 Tagen sind wir in Panama losgesegelt. Eine halbe Ewigkeit, so kommt es mir vor… Und doch haben wir erst einen Drittel der Strecke zurückgelegt. Ich liebe das Meer und diese unglaublich schönen, berauschenden Neumondnächte. In Momenten wie diesen könnte es ewig so weitergehen. Körper und Geist befinden sich im Einklang mit Schiff, Meer und Himmel.
Gestern war der 5. April, mein Geburtstag. Ich bin ein typischer Widder: Einer, der die Dinge tut und nicht bloss davon spricht. Dies ist einer der Gründe, weshalb ich seit meinem 22. Lebensjahr Ozeane besegele. Diesem Umstand habe ich zu verdanken, dass ich in meinem Leben schon den einen oder anderen meiner Träume realisieren konnte. Vor allem bin ich Blauwasserträumer. Einer ohne Furcht, jedoch mit Demut gegenüber der gewaltigen Kraft des Meeres und der Natur. Ich wurde gestern 55 und blicke zurück auf über 30 Jahre meines Lebens, die durch das Segeln bereichert wurden. All die Abenteuer auf den Ozeanen, die zig-tausend Meilen, die ich im Kielwasser habe, kann mir keiner mehr nehmen. All diese Jahre, geprägt von unvergesslichen Erlebnissen, wertvollen Erfahrungen und purer Lebensfreude hüte ich wie einen Schatz in meinem Herzen.