Trinkwasser unter dem Kiel?

Wir segeln darauf, fahren mit Motorbooten, kiten, rudern und baden – auf und in jenem Wasser, das unsere fantastischen Seen bildet. Doch was, wenn wir durstig sind? Könnte man das glasklare Seewasser trinken? Welches sind die Kriterien für Trinkwasserqualität?

Seen sind wundersam, und jeder See ist einzigartig. Anders als der Definitionsbegriff «stehendes Gewässer» suggeriert, sind Seen lebendig, dynamisch und verändern sich ständig. Das gehört zu ihrer Natur. Winde wirbeln das Wasser auf, durchmischen es, schichten es um – je nach See bis zum Grund oder lediglich bis in geringe Tiefen. Zu- und Abflüsse sowie Strömungen bewirken bei einigen Seen eine vollständige Durchmischung des Wassers innerhalb eines Jahres. Bei anderen, etwa dem tiefen Lago Maggiore, dauert ein Zyklus acht Jahre. Diese Rhythmen beeinflussen das biologische Leben im Wasser, das Wachstum von Algen, Fischen und anderen Lebewesen, die deshalb in unterschiedlicher Artenvielfalt anzutreffen sind. Aber keiner dieser Rhythmen ist heute rein natürlich: Der Mensch hält Bäche und Flüsse temporär zurück, lässt mit Kanälen das Wasser um- und anderswo einleiten. Behandeltes See-, Fluss- und Grundwasser wird zum Verbrauchsgut für Haushalte, Industrie und Landwirtschaft, gereinigtes Abwasser wiederum speist die Seen – Kreisläufe, wohin man auch blickt. Und diese haben sich in den letzten zwanzig Jahre stark verändert, zum Guten: Die Wasserqualität der Schweizer Seen ist deutlich gestiegen. Das Verbot phosphathaltiger Waschmittel (1986), verminderter Düngereinsatz in der Landwirtschaft und der fast 100-prozentige Anschluss der Abwasserleitungen an verbesserte Kläranlagen haben zur Gesundung unserer Seen – bei einigen war es buchstäblich eine Rettung in letzter Minute – beigetragen. Zum Baden sind sie allemal geeignet, wie der neueste EU-Wasserqualitäts-Bericht von 2017 feststellt: Alle untersuchten Schweizer Gewässer erfüllen mindestens die Minimalanforderungen.